Im Projekt KIRA werden in Deutschland erstmals autonome Level 4-Fahrzeuge in einem On-Demand-Verkehr getestet – ein wichtiger Schritt für die Mobilitätswende!
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Für den ÖPNV: Autonomes Fahren auf Level 4 im Rhein-Main-Gebiet
Selbständig fahrende Autos, die in einem definierten Bediengebiet mit Regelgeschwindigkeit am normalen Straßenverkehr teilnehmen – das ist in Deutschland mit KIRA, KI-basierter Regelbetrieb autonomer On-Demand-Verkehre, zum ersten Mal Realität. Das Projekt startet in Darmstadt und im Kreis Offenbach.
Autonomes Fahren ist ein entscheidender Baustein für den Ausbau des ÖPNV und die Umsetzung der Mobilitätswende, besonders in Zeiten des Fahrermangels. Die elektrisch betriebenen und über eine App buchbaren On-Demand-Shuttles sind besonders im ländlichen und kleinstädtischen Raum ein wichtiger Bestandteil des ÖPNV-Angebots.
Mit Unterstützung des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV) und des Landes Hessen realisieren das Projekt der Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) und die Deutsche Bahn (DB) in Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern HEAG mobilo und der Kreisverkehrsgesellschaft Offenbach. Technologiepartner sind Mobileye, ioki und Bosch.
Die Ergebnisse des Projektes werden gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) sowie dmo mobility consultants ausgewertet und vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) in einem Leitfaden zusammengestellt.
Die Projektphasen
- abgeschlossen
Phase 1: Projektaufsatz
- Verkehrliches Grobkonzept
- Partnerschaften
- Finanzierung und Förderung
- Rechtliche Rahmenbedingungen
- Lokale Entscheidungsprozesse
Phase 2: Implementierung
- Einholung Genehmigungen
- Entwicklung operativer Prozesse
- Programmierung Software und Schnittstellen
- Aufbau Betrieb und Betriebssitz
- aktiv
Phase 3: Betrieb
3.1 : Testfahrten
- Fahrzeug erhebt Umgebungs- und Verkehrsdaten
- Fahrzeug fährt autonom, ohne Passagiere, mit Sicherheitspersonal an Bord
- Erprobung mit mitfahrenden Projektmitarbeiter:innen
- in Planung
3.2: Testbetrieb
- Aufsatz einer geschlossenen Gruppe von Testnutzer:innen
- On-Demand-Betrieb mit Testnutzer:innen und Sicherheitspersonal an Bord
- Nutzerakzeptanzforschung und Verkehrsanalysen
- Optimierung von Technik und Prozessen auf Basis von Kundenfeedback
- Erstellung eines Leitfadens für die Branche
Das Betriebsgebiet
Um herauszufinden, wie autonome On-Demand-Fahrzeuge langfristig in bestehende ÖPNV-Angebote integriert werden können, ist es wichtig, Erfahrungen sowohl im ländlichen als auch städtischen Verkehrsumfeld zu sammeln.
Die KIRA-Shuttles fahren in Teilen der Stadt Darmstadt und im westlichen Gebiet des Kreises Offenbach. Sie bewegen sich frei im genehmigten Straßennetz und wählen dabei stets die beste Route.
Mit Beginn der Testfahrten wird das Betriebsgebiet schrittweise erweitert.
Die Technik: Redundante Sensoriksysteme, moderne Fahrzeuge und hochspezialisiertes Fachpersonal sorgen für Sicherheit und hohen Fahrkomfort
Radar-Sensoren
- 4 x Kurzstrecken-Radar
- 2 x Mittelstrecken-Radar
Kameras
- Hauptkamera auf der Vorderseite mit 8 MP
- Schmale 8-MP-Frontkamera
- 2 x seitlich-vorderseitige 8-MP-Kameras
- 2 x seitliche 8-MP-Kameras an der Rückseite
- Ausfall-Kamera
- Ampel 8MP-Kamera
- Rückwärtige 8MP-Kamera
- 4 x 2MP-Einparkkameras
Lidar-Sensoren
- 6 x Kurzstrecken-Lidar
- 3 x Langstrecken-Lidar
Beide Systeme, Kamera und Radar/Lidar, funktionieren eigenständig. Sollte ein System ausfallen, kann das andere System weiterhin den Betrieb sicherstellen.
Der Einsatz unterschiedlicher Sensoren hat den Vorteil, dass zu jeder Zeit ein umfassendes Bild der Fahrumgebung entsteht und das Fahrzeug autonom betrieben werden kann, beispielsweise auch bei widrigen Wetterbedingungen.
(Virtuell) einsteigen, bitte!
Szene 1: Kreuzungsverkehr ohne Ampel
Das autonome Fahrzeug beobachtet Durchgangsverkehr sowie Fußgänger, um eine passende Lücke zum Abbiegen zu finden, ohne dabei den Verkehrsfluss zu verlangsamen.
Quelle: mobileye
Szene 2: Passanten und Fußgängerüberwege
Fußgänger queren vor dem Fahrzeug die Straße. Das autonome Fahrzeug wird langsamer und signalisiert den Passanten damit, dass diese vorbeigehen können.
Quelle: mobileye
Szene 3: Hindernis blockiert Straße
Ein Verkehrsteilnehmer blockiert die Fahrspur des autonomen Fahrzeugs. Das Fahrzeug entscheidet auf Basis des Verkehrsgeschehens, dass ein vorsichtiger Überholvorgang vorsichtig möglich ist.
Quelle: mobileye
(Virtuell) einsteigen, bitte!
Das Fahrzeug
Der NIO ES8 mit dem eingebauten autonomen Fahrsystem von Mobileye kann komplexe Verkehrssituation meistern und fährt autonom in normaler Geschwindigkeit mit bis zu 130 km/h. Das Elektrofahrzeug hat eine Reichweite von ca. 400 km und bietet für den Einsatz im KIRA-Erprobungsverkehr drei Sitzplätze für Fahrgäste.
Für ein sicheres autonomes Fahren
Eines der wichtigsten Ziele des Erprobungsbetriebs ist es, schrittweise alle sicherheitsrelevanten Prozesse zu erproben und zu optimieren. Die rechtliche Grundlage liefert dabei die „Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungs-und-Betriebs-Verordnung“.
Technische Aufsicht
Für den späteren Regelbetrieb ohne Sicherheitsfahrer:in ist die technische Aufsicht in der Leitstelle ein wichtiger Bestandteil des autonomen Fahrens. Die Technische Aufsicht wird im Projekt verprobt. Mitarbeitende überwachen die Fahrzeuge und geben nach Bewertung der Situation auf Basis von Kamerabildern und Daten Manöverfreigaben.
Sicherheitsfahrer:in
Im KIRA-Erprobungsbetrieb ist immer geschultes Sicherheitspersonal an Bord, das überwacht, validiert und im Ereignisfall eingreift. Ansonsten nutzen die Sicherheitsfahrer:innen weder Hände noch Füße – das heißt, das Fahrzeug fährt komplett eigenständig.
Digitale Fahrgastbetreuung im Innenraum
Ein digitales Innenraummanagement ermöglicht die audiovisuelle Interaktion zwischen Fahrgästen und Technischer Aufsicht. Fahrgäste können im Ereignisfall über einen gut sichtbaren Button Kontakt aufnehmen.
Fieldteam
Wie bei jedem anderen ÖPNV-Angebot ist auch bei KIRA im Fall ungeplanter Ereignisse ein technisch spezialisiertes Team zur Stelle und kann etwaige Schwierigkeiten vor Ort beheben.
Ein starkes Partnernetzwerk aus Verkehr, Technologie, Politik, Branche und Wissenschaft für den ÖPNV der Zukunft
KIRA ist ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt. Entscheidend für den Erfolg sind starke Partner, die sich durch Innovationsbereitschaft und Engagement auszeichnen. Jeder Projektpartner bringt eigene Kompetenzen, Produkte und Leistungen ein.
FAQs zum autonomen Fahren mit KIRA
Autonomes Fahren - Allgemeine Informationen
Autonomes Fahren bedeutet, dass ein Fahrzeug ohne menschliche/n Fahrer:in auf der Straße fährt. Statt dem/der Fahrer:in übernimmt ein autonomes Fahrsystem die Steuerung des Fahrzeugs und trifft selbstständig Entscheidungen im Straßenverkehr.
Es gibt fünf Stufen des automatisierten Fahrens. Level 4 ist hochautomatisiert, d.h. Fahrzeuge sind fahrerlos, fernüberwacht durch eine technische Aufsicht und können sich in einem definierten Betriebsgebiet autonom bewegen. Bei Level 3 dagegen ist immer Fahrpersonal als Rückfallebene vorgeschrieben, auch weil die Level 3-Technologie noch nicht mit komplexen Verkehrssituationen umgehen kann. Fahrzeuge mit einem Fahrsystem auf Level 5 können im Gegensatz zu Level 4 überall autonom fahren, nicht nur im definierten Bediengebiet. Sie benötigen keine Fernüberwachung. Level 5 wurde jedoch bisher weltweit noch nicht erreicht und stellt für den Nutzungsfall ÖPNV – und damit für die Verkehrswende – keine Notwendigkeit dar.
In Europa und insbesondere in Deutschland sind derzeit noch keine Level-4-Fahrzeuge im regulären ÖPNV im Einsatz. International sind Level-4-Fahrzeuge insbesondere in Kalifornien (USA) und China im Fahrgasttransport im Einsatz.
Entscheidend für die Mobilitätswende ist ein attraktiver und flächendeckender ÖPNV. On-Demand-Verkehre spielen hier eine wichtige Rolle. Sie unterstützen den klassischen Linienverkehr von Bahn und Bus und schließen räumliche sowie zeitliche Versorgungslücken. Für den nötigen Ausbau der Linien- und Bedarfsverkehre stehen aber nicht ausreichend Fahrer:innen zur Verfügung. Autonomes Fahren schließt diese Lücke. Autonome Fahrzeuge lösen das Problem des Fahrer:innenmangels und ermöglichen ein engmaschigeres ÖPNV-Netz auch außerhalb der Hauptverkehrszeiten.
Der Beweis, dass die Technik reif für Regelverkehre ist, ist das Ziel des Projekts.
Nein, es gibt bereits jetzt zu wenige Fahrer:innen im ÖPNV. Wenn die Mobilitätswende gelingen und es ein größeres Angebot an öffentlichem Nahverkehr geben soll, wird der Bedarf an Fahrer:innen sogar tendenziell wachsen. Dieser immer schwerer zu deckende Bedarf kann durch den Einsatz autonomer Technik kompensiert werden. Durch das autonome Fahren entstehen neue attraktivere Berufsbilder, wie in der technischen Aufsicht. Für junge Fahrer:Innen, die heute ihren beruflichen Weg beginnen, entstehen neue Entwicklungspfade. Dies macht den Beruf der Fahrerin/des Fahrers attraktiver.
Betrieb und Angebot
Der Start des Testbetriebs mit angemeldeten Fahrgästen, also einem eingegrenzten Nutzerkreis, ist geplant nach Abschluss der ersten Testphase.
Der Erprobungsbetrieb umfasst Gebiete in der Stadt Darmstadt sowie im Westgebiet des Kreis Offenbach. Die autonomen Fahrzeuge sollen städtische und ländliche On-Demand-Verkehre ergänzen und parallel zu den vor Ort bereits bestehenden fahrerbasierten On-Demand-Angeboten „HeinerLiner“ und „Hopper“ erprobt werden. Die Fahrzeuge bewegen sich frei im Erprobungsgebiet. Dabei wählen sie als On-Demand-Verkehre stets die beste Route.
Im Erprobungsbetrieb sind sechs Fahrzeuge vom Typ NIO ES8 im Einsatz.
Die autonomen Shuttles lernen auf den Testfahrten mit Hilfe vorliegender Karten- und Verkehrsdaten das Bediengebiet kennen. Dabei wird geprüft, wie sich die Fahrzeuge auf den vorgegebenen Strecken und den dort existierenden Verkehrssituationen verhalten.
Die Betriebszeiten werden wir kommunizieren sobald Testnutzer:innen den Verkehr nutzen können.
Die autonomen Fahrzeuge fahren im normalen Straßenverkehr mit normaler Geschwindigkeit und halten dabei selbstverständlich die Verkehrsregeln ein. Die Fahrzeuge schwimmen im Verkehr wie ein normales Fahrzeug mit.
Sicherheit
Die Zulassung von autonomen Fahrzeugen auf Level 4 nach der neuen Gesetzgebung der Autonome-Fahrzeuge-Genehmigungs-und-Betriebs-Verordnung (AFGBV) stellt hohe Anforderungen an die Sicherheit des Fahrsystems, an das Fahrzeug und an die operativen Begleitprozesse. Mit der Erfüllung dieser Anforderungen wird sichergestellt, dass der autonome Verkehr mindestens so sicher ist wie bei menschlichen Fahrerinnen und Fahrern. Um diese Anforderungen garantiert erfüllen zu können, liegt das Sicherheitsniveau üblicherweise deutlich darüber. Jedes zusätzliche autonome Auto erhöht also statistisch die Sicherheit im deutschen Straßenverkehr.
Trotz Sicherheitsfahrer:in werden die Fahrzeuge entsprechend der gesetzlichen Vorgaben durch geschultes Personal in einer technischen Leitstelle fernüberwacht. Auch diese Prozesse sollen schließlich erprobt werden. Bei einem künftig fahrerlosen Verkehr regelt das Gesetz, dass das Fahrzeug sich in schwierigen Verkehrssituation an die Technische Aufsicht wendet. Daher schlägt das Fahrzeug unterschiedliche Fahrmanöver vor. Die Technische Aufsicht kann dann ein Fahrmanöver auswählen oder das Fahrzeug in einen sicheren Zustand versetzen. Wenn das geschulte Personal sich für letzteres oder zu spät entscheidet, wird das Fahrzeug durch die autonome Technik sicher zum Halten gebracht und wartet auf neue Instruktionen. Bei der Erprobungsgenehmigung ist vorgeschrieben, dass sich die Technische Aufsicht im Fahrzeug befinden muss, daher übernimmt auch das Sicherheitspersonal an Bord die Aufgaben der Technischen Aufsicht. Wir verproben die Technische Aufsicht in der Leitstelle in unserem Projekt.
Der/die Sicherheitsfahrer:in übernimmt im Erprobungsbetrieb zwei Funktionen: Zum einen überwacht er/sie die Sicherheit der Testfahrten und greift bei Bedarf ein. Zum anderen erfasst er/sie die Fahrleistung. Dies hilft den Entwicklern anschließend dabei, das System genauer zu „trainieren“ und auf die Fahrumgebung einzustellen. Je nach Fahrsituation wird der/die Sicherheitsfahrer:in die Hände am Steuer haben oder in den Schoß legen.
Bei dem unwahrscheinlichen Fall des Ausfalls der/s Sicherheitsfahrer:in führt das Fahrzeug ein sogenanntes „Minimal Risk Maneuvre“ durch, d. h. es wird durch die autonome Technik sicher zum Halten gebracht.
Ja, KIRA ist ein autonomer Level 4-Verkehr. Auf Basis von §16 AFGBV liegt eine Level-4-Erprobungsgenehmigung vor. Mit dieser Genehmigung können gemäß der neuen Verordnung AFGBV Fahrzeuge mit Level-4-Technologie in Deutschland erprobt werden. Das Gesetz schreibt für den Erprobungszeitraum eine/n Sicherheitsfahrer:in vor.
Das Mobileye-System besteht aus zwei komplett redundanten Selbstfahrsystemen. Ein System ist kamerabasiert, das andere System basiert auf Lidar- und Radar-Sensoren. Beide Systeme können das Fahrzeug vollkommen eigenständig autonom steuern. Fällt ein System aus, kann das Fahrzeug ganz normal weiterfahren. Im Erprobungsbetrieb gibt es darüber hinaus den/die Sicherheitsfahrer:in, die/der immer als Backup zur Verfügung steht.
Die gesetzlichen Anforderungen werden vollumfänglich erfüllt, siehe LINK (Datenschutzerklärung Umgebungsdaten)
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